Wahlprogramm-Check 2009: Kommunalwahl Stuttgart  [05.06.09]

Die Kommunalwahlprogramme der von CDU, SPD, FDP, Bündnis 90 / Die Grünen und Die Linke können laut einer Studie der Universität Hohenheim (in Kooperation mit der Ulmer Kommunikationsberatungsagentur Communication Lab) als deutlich verständlicher bezeichnet werden als die Programme zur Europawahl. Kein Wahlprogramm erreicht ähnliche verheerende Werte wie die Europawahlprogramme von SPD und Grünen, deren sprachliche Komplexität gemäß einer Vorgänger-Studie mit der von politikwissenschaftlichen Dissertationen zu vergleichen ist. Interessanterweise ergibt sich zudem eine grundlegend andere Rangfolge der Parteien als bei der Europawahl-Analyse: Bei den Kommunalwahlprogrammen schneidet Die Linke von allen untersuchten Parteien am besten ab, die CDU hingegen belegt den letzten Platz. SPD und Grüne teilen sich knapp hinter der Linken den zweiten Rang. Bei der Europawahl-Analyse hatten sich die drei linken Parteien noch die drei letzten Plätze gesichert.

Ein weiteres interessantes Ergebnisse des „Wahlprogramm-Checks“ der Uni Hohenheim: Mit Ausnahme der CDU fallen die Kommunalwahlprogramme bei allen untersuchten Parteien kürzer, großteils sogar deutlich kürzer aus als die Europawahlprogramme (Die Ergebnisse zur Europawahl-Analyse finden Sie hier). Dies kommt dem „normalen“ Bürger entgegen, der keine seitenlangen Kompendien studieren will, um sich über die Ziele der Parteien informieren zu können. Während die Grünen bei den Europawahlprogrammen noch einen Spitzenwert von rund 36.000 Wörtern erreichten, liegt das längste Kommunalwahlprogramm (der Linken) gerade einmal bei rund 13.000 Wörtern. Da es sich bei diesem Programm gleichzeitig auch um das verständlichste Kommunalwahlprogramm handelt, lässt sich hier also, anders als bei den Europawahlprogrammen, kein direkter Zusammenhang zwischen Länge und Verständlichkeit eines Wahlprogramms finden.

Trotz aller positiven Unterschiede zu den Europawahlprogrammen sind jedoch auch die Kommunalwahlprogramme noch weit entfernt von einer allgemeinen Verständlichkeit. Als Vergleichswert wurde hierfür die Verständlichkeit von Politik-Beiträgen aus der Bild-Zeitung herangezogen: An diese Werte, auch wenn sie einen zugegebenermaßen hohen Verständlichkeitsanspruch darstellen, reicht selbst das verständlichste Kommunalwahlprogramm nicht annähernd heran. Trotzdem besteht Anlass zur Hoffnung: Zumindest die Grünen scheinen das Problem bereits erkannt zu haben: Auf ihrer Bundesdelegiertenkonferenz Anfang Mai 2009 stellten einige Delegierte den Antrag, dass die grünen Wahlprogramme in Zukunft auch als leicht verständliche und bebilderte Kurzfassung erscheinen sollten. Es bleibt zu hoffen, dass die anderen Parteien diesem Beispiel folgen werden.

 

Hintergrund

In zwei Tagen sind die Bürgerinnnen und Bürger in Baden-Württemberg dazu aufgerufen, neben dem europäischen Parlament auch die Gemeinderäte neu zu wählen. Die Wahlprogramme der antretenden Parteien können hierbei eine wichtige Entscheidungshilfe darstellen. In ihnen informieren die Parteien die Wähler darüber, welche Ziele sie in der nächsten Legislaturperiode verfolgen werden. Doch: Kommunizieren die Parteien hierbei auch so verständlich, dass alle Wahlberechtigten sie verstehen können? Diese Frage wurde nun im „Wahlprogramm-Check“ der Uni Hohenheim (in Kooperation mit der Ulmer Kommunikationsberatungsagentur CommunicationLab) untersucht. Vorausgegangen war bereits eine Analyse zur Verständlichkeit der Europawahlprogramme.

Ausgangspunkt der Kommunalwahl-Studie war die Vermutung, dass die unmittelbare Alltagsrelevanz der Kommunalpolitik dazu beitragen sollte, dass die Wahlprogramme zur Gemeinderatswahl verständlicher ausfallen sollten als Programme für Wahlen auf höheren Ebenen (wie beispielsweise der Europawahl). Diese Vermutung konnte durch die Analysen der Uni Hohenheim auch bestätigt werden, wenngleich die Verständlichkeit der Programme noch immer weit von einer allgemeinen Verständlichkeit entfernt ist.

 

Ansprechpartner

Dipl.-Komm-wiss. Jan Kercher
Universität Hohenheim
Kommunikationswissenschaft
Fruwirthstraße 46
70599 Stuttgart
Tel. 0711-459-22287
kercher@uni-hohenheim.de

 

Oliver Haug, M.A.
Dr. Anikar Haseloff
Geschäftsführer
Communication Lab, Ulm
Kramgasse 1
89073 Ulm
Tel. 0731-153 77 10
info@comlab-ulm.de
http://www.comlab-ulm.de


Zurück zu Aktuelle Informationen