VDI-Richtlinie 7001


VDI-Richtlinie 7001: Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung bei Planung und Bau von Infrastrukturprojekte - Standards für die Leistungsphasen der Ingenieure
VDI-Richtlinie 7001

Infrastrukturprojekte aus den Bereichen Verkehr und Energie stoßen immer wieder auf Protest von Teilen der Bevölkerung. Um gesellschaftlich tragfähige Lösungen zu fin­den, sollten Bürger vor Ort, lokale Verbände und Initiativen so weit wie möglich als Part­ner gewon­nen werden. Welchen Beitrag Vorhabenträger durch „gute“ Kommunikation und Öffentlich­keits­be­tei­li­gung dazu leisten kön­nen, be­schreibt die VDI-Richt­linie 7001. Prof. Dr. Frank Brettschneider war als Vorsitzender des VDI-Richtlinienausschusses 7001 an der Erarbeitung der Richtlinie beteiligt. An ihr haben außerdem mitgewirkt: Henning Banthien, Dr. Brigitte Dahlbender, Dipl.-Ing. Wolfgang Feldwisch, Prof. Dr.-Ing. Oliver Fischer, Prof. Dr. Christoph Hubig, Dipl.-Ing. Christof Kerkhoff, Dr.-Ing. Franz-Hermann Schlüter, Dominic Schwickert, Dipl.-Ing. Peter Steinhagen, Prof. Dr. Andrea Versteyl.

Die VDI-Richtlinie 7001 formuliert in komprimierter Form all­ge­mei­ne An­forde­run­gen an Öffentlichkeitsbeteiligung. Ihr Kernstück sind Kommunikations-Stan­dards für die Leis­tungs­pha­sen der Ingenieurplanung (nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, HOAI). Die VDI-Richtlinie 7001 ist seit März 2014 in Kraft. Auf sie wird auch explizit in der Verwaltungsvorschrift zur Intensivierung der Öffentlich­keits­be­teiligung in Plan­ungs- und Zulassungsverfahren  sowie im Planungsleitfaden des Lan­des Baden-Württemberg ver­wie­sen. 2021 wurde die überarbeitete und aktualisierte Version der VDI-Richtlinie 7001 veröffentlicht.


Formelle Verfahren dienen der Gewährleistung von Rechtssicherheit und Klagerechten. Sie sollten durch Kommunikation und informelle Beteiligungsprozesse begleitet und er­gänzt werden. Die Öffent­lich­keitsbeteiligung kann sich auf drei Ebenen beziehen – mit unterschiedlichen Zielen und kom­mu­ni­ka­tiven Anforderungen:

  • Auf der Informationsebene ist es Ziel, die breite Öffentlichkeit auf ein konkretes Vorhaben auf­merksam zu machen und über Projektziele und Planungsstand zu informieren. Auch soll aktiv und transparent der Nutzen des Projektes dargestellt werden.
  • Auf der Konsultationsebene werden konkrete Vorschläge diskutiert sowie Ideen und Handlungs­empfehlungen erarbeitet. Der direkte Austausch zwischen Vorhabenträgern und einer (interes­sier­ten) Öffent­lich­keit hat dabei beratenden Charakter. Ziel ist es, lokales Wissen zu nut­zen so­wie vielfältige Interessen und Pers­pektiven in die Planung einzubeziehen.

  • Auf der Ebene der Mitgestaltung geht es um die strukturierte Bearbeitung von Kontroversen, konkreten Problemstellungen und gegensätzlichen Interessenlagen im Planungs- und Bau­pro­zess. Ziel ist eine auf Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen gerichtete Problem­lösung, min­destens aber eine Versachlichung der Debatte mittels einer gemein­samen Fakten­klä­rung.


Um Glaub­würdigkeit und Qualität der Öffentlichkeitsbeteiligung zu sichern, enthält die VDI-Richtlinie 7001 zehn allgemeine Grundregeln, u.a.:

  • eine auf­ge­schlossene und wertschätzende Grund­haltung
  • frühzeitige Einbeziehung der Bürger und unterschiedlicher Interessen
  • eine um­fas­sen­de Fakten­klä­rung
  • eine professionelle Prozessgestaltung für Fairness und Trans­pa­renz
  • eine auch für Laien ver­ständliche Kommunikation.

Zudem enthält die VDI-Richtlinie 7001 für jede Leistungsphase der Ingenieurplanung prag­ma­ti­sche und praxistaugliche Kommunikations-Standards. Beispielsweise müssen Vorhabenträger in der Pha­se „Grundlagenermittlung“ klären, wer für die interne und die externe Kom­munikation verantwortlich ist. Die ent­spre­chende Einheit ist mit Kompetenzen, Personal und finanziellen Ressourcen aus­zu­statten. In der Phase „Vorplanung“ werden die inhalt­li­chen Grundlagen der Projektkommunikation ge­schaf­­fen. Sie beginnt mit einer gründlichen Stake­hol­der- und Themenanalyse. Die relevanten An­spruchsgruppen und ihre Positionen werden identifiziert. Darüber hinaus wird das Projekt mithilfe ei­ner Themenlandkarte in Dimensionen geglie­dert. Auf der Basis dieser Analyse wird eine Kommunikationsstrategie entwickelt. Hier ist unter anderem zu klären: Welche Kom­muni­ka­tions­zie­le sollen erreicht wer­den? Welche Themen müssen in den Mittelpunkt ge­rückt wer­den? Wie lauten die Kern­bot­schaf­ten? Welche Kom­munika­tions­instrumente wer­den eingesetzt?

Während der „Bauausführung“ geht es darum, Anwohner über den Stand der Arbeiten auf dem Lau­fen­den zu halten. Sie müssen auch darüber informiert werden, welche Bau­maß­nah­men un­mittel­bar be­vorstehen. Für Beschwerden oder Nachfragen von Seiten der An­wohner sollte spätestens jetzt ein Ombudsmann rund um die Uhr ansprechbar sein. Und für die allgemeine Öffentlichkeit soll­te die Bau­stelle positiv erlebbar ge­macht wer­d­en. Dazu dienen – unter dem Motto „Von der Bau­stel­le zur Schaustelle“ – unter anderem Bau­stellen-Besichtigungen, Tage der offenen Tür, Veranstaltungen für Kinder.

Das Einhalten der VDI-Richtlinie 7001 garantiert nicht, dass Proteste ausbleiben. Aber eine durch­dachte Kommunikationsstrategie mit aufeinander abgestimmten Informations-, Kon­sul­ta­tions- und Mit­gestaltungsinstrumenten vergrößert die Chance, zu einer gesamtgesellschaftlich tragfähigen Lösung zu gelangen. Sie spart ten­den­ziell Zeit und Geld. Und sie steigert Sicherheit der Planung und Realisierung, weil Ver­zö­ge­run­gen und Kosten durch spä­tere Einwände bei der Projektumsetzung vermieden werden kön­nen.

Herausgeber der Richtlinie VDI-Richtlinie 7001 ist die VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik (VDI-GBG). Die Richtlinie ist beim Beuth Verlag erhältlich.

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