CEO-Reden im Vergleich: Am verständlichsten ist BMW-Chef Norbert Reithofer [02.06.14]
Universität Hohenheim analysiert CEO-Reden auf den Hauptversammlungen der DAX-30-Unternehmen / Exzellente Verständlichkeit bei den Plätzen 1 – 3Im Vergleich zu den vergangenen beiden Jahren sind die Reden von deutschen Spitzenmanagern deutlich verständlicher geworden, so das Endergebnis einer Studie der Universität Hohenheim in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt: Auf einer Skala von 0 bis 20 liegt der Mittelwert der Reden 2014 bei 12,3. Im Jahr 2012 hatte er noch bei 9,8 gelegen. Die Plätze 1 bis 3 lieferten mit einem Wert von über 17,3 sogar exzellent verständliche Reden ab, so das Ergebnis der Studie. Prof. Dr. Frank Brettschneider und sein Team von der Universität Hohenheim untersuchten seit Jahresbeginn, wie verständlich die Wirtschaftsbosse der DAX-30-Unternehmen auf Jahreshauptversammlungen sprechen.
Gemessen am Hohenheimer Verständlichkeitsindex hat BMW-Chef Norbert Reithofer mit einem Wert von 18,4 die formal verständlichste Rede auf den Hauptversammlungen 2014 gehalten. Auf Platz 2 mit einem Wert von 17,7 folgt der Vorstandsvorsitzende von Fresenius SE, Ulf M. Schneider. Laut der Studie hat er sich gegenüber seinem Ergebnis vom Vorjahr deutlich verbessert.
Frank Appel von der Deutschen Post und RWE-Chef Peter Terium liegen mit einem Wert von 17,3 zusammen auf dem dritten Platz. Auch Timotheus Höttgens von der Telekom, Elmar Degenhart von Continental und Martin Blessing von der Commerzbank weisen mit über 16 Punkten hervorragende Verständlichkeitswerte auf.
Verpasste Chancen
Doch neben den deutlichen Verbesserungen zu den beiden Vorjahren gab es auch Redner, die ihre Chance verschenkten, mit ihren Reden eine breite Öffentlichkeit zu erreichen, so das Fazit von Prof. Dr. Brettschneider: „Bei manchen der Reden hatte man den Eindruck, als wäre die Hauptversammlung nur ein lästiger oder unangenehmer Pflichttermin.“
Die formal unverständlichste Rede hielt der Vorstandsvorsitzende der Linde AG, Wolfgang Reitzle.
Er erreichte lediglich einen Wert von 6,7 auf dem Verständlichkeitsindex. Auf dem vorletzten Platz liegt der Vorstands-
vorsitzende der Allianz SE, Michael Diekmann (7,7). Nicht viel besser schnitt Stefan F. Heidenreich (Beiersdorf) ab (8,0).
Verständlichkeitshürden
Bandwurmsätze, abstrakte Begriffe, zusammengesetzte Wörter und nicht erklärte Fachbegriffe sind die wesentlichen Verständlichkeitshürden der Reden, so Prof. Dr. Brettschneider weiter. „Zusammengenommen ergibt sich dann Kauderwelsch statt Klartext. Dabei sollten sich die Redner klarmachen: Nur wer verstanden wird, kann auch überzeugen.“
Daher sollten einige Grundregeln für verständliche Reden eingehalten werden, empfiehlt der Hohenheimer Experte: kurze Sätze, gebräuchliche Begriffe, Fachbegriffe übersetzen und zusammengesetzte Wörter möglichst vermeiden.
„Formal verständliche Botschaften werden von den Zuhörern besser verstanden und besser erinnert. Zudem sind die Zuhörer eher in der Lage die Kernbotschaft einer Rede wiederzugeben. Grundsätzlich genießen verständliche Botschaften mehr Vertrauen als unverständliche Botschaften.“
Beispiele: Bandwurmsätze
1. „In den neun zwischen der K+S Aktiengesellschaft und ihren jeweils 100-prozentigen Tochtergesellschaften geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen soll klargestellt werden, dass der in den Verträgen bereits bislang enthaltene Verweis auf die gesetzliche Regelung zur Verlustübernahme gemäß Paragraph 302 Aktiengesetz sich stets auf die jeweils gültige Fassung dieser Vorschrift in ihrer Gesamtheit bezieht.“ (51 Wörter) (K+S, Steiner)
2. „Auch wenn sich diese Investitionen laut Internationaler Energie Agentur bereits innerhalb von zehn Jahren durch eingesparte Brennstoffkosten amortisieren lassen, stellt sich die Frage, wer das Geld für die dringend notwendigen Investitionen für die Energiewende, aber auch für Brücken und Straßen bereitstellen kann bzw. soll?“ (44 Wörter) (Allianz, Diekmann)
3. „Zusammen mit Siemens, den Stadtwerken Mainz und unterstützt durch das Bundeswirtschaftsministerium errichten wir eine Wasserstoff-Anlage, die bis zu 6 Megawatt elektrische Leistung aufnehmen kann - also etwa die Strommenge, die drei Windkraftanlagen pro Jahr erzeugen - und bis zu 200 Tonnen Wasserstoff jährlich produzieren wird.“ (43 Wörter) (Linde, Reitzle)
Beispiele: Wortungetüme
• On-Premise-Geschäftsmodell (SAP, McDermott)
• Corporate-Governance-Struktur (SAP, McDermott)
• Ernteausfallversicherungsgeschäft (Allianz, Diekmann)
• Stickstoffdüngemittelgeschäft (K+S, Steiner)
• Effizienzsteigerungsprogramm (Lanxess, Zachert)
• Bruttoergebnisverbesserungen (Lufthansa, Franz)
• Ergebnisabführungsverträge (Beiersdorf, Heidenreich)
• Gewinnverwendungsvorschlag (adidas, Hainer)
• Vergütungszusammensetzung (Deutsche Bank, Fitschen)
Der Hohenheimer Verständlichkeitsindex
Der Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Frank Brettschneider und sein Team bestimmen den Index mit Hilfe einer speziellen Verständlichkeitssoftware. Anhand der Rede-Manuskripte ermittelt die Software formale Kriterien wie beispielsweise durchschnittliche Satzlänge, Anteil der Sätze mit mehr als 20 Wörtern, Anteil der Schachtelsätze und den Anteil der Passiv-Sätze. Der Index reicht von 0 (formal unverständlich) bis 20 (formal sehr verständlich).
Kontakt für Medien:
Prof. Dr. Frank Brettschneider, Universität Hohenheim, Institut für Kommunikationswissenschaft Tel.: 0711/459-24030, E-Mail: frank.brettschneider@uni-hohenheim.de