CEO-Reden im Vergleich: Bei Halbzeitbilanz erhält RWE-Chef Terium Platz 1 für Verständlichkeit   [14.05.14]

Universität Hohenheim analysiert CEO-Reden auf den Hauptversammlungen der DAX-30-Unternehmen – Hürden sind Bandwurmsätze und abstrakte Begriffe

CEO-Reden im Vergleich

Die Reden von deutschen Spitzen-Managern sind im Vergleich zu den vergangenen beiden Jahren verständlicher geworden: Auf einer Skala von 0 bis 20 lag der Wert zur Halbzeitbilanz 2014 bei 12,0. Im Jahr 2012 hatte er noch bei 9,8 gelegen. So richten sich die Reden der Vorstandsvorsitzenden auf Hauptversammlungen zunehmend an eine breitere Öffentlichkeit. Seit Jahresbeginn untersuchen Prof. Dr. Frank Brettschneider und sein Team von der Universität Hohenheim, wie verständlich die Wirtschaftsbosse der DAX-30-Unternehmen auf Jahreshauptversammlungen sprechen.

Gemessen am Hohenheimer Verständlichkeits-Index hat bisher RWE-Chef Peter Terium mit einem Wert von 17,3 die formal verständlichste Rede auf den Hauptversammlungen 2014 gehalten. Auf Platz zwei folgt Continental-Chef Elmar Degenhart mit 16,7. Platz drei belegt der Vorstandsvorsitzende von BASF, Kurt Bock (15,9). „Den drei Spitzenreitern kann eine große Verständlichkeit bescheinigt werden. Sie haben die Hauptversammlung für Reden genutzt, mit denen sie auch eine breitere Öffentlichkeit erreichen können. Für den Auf- und Ausbau von Reputation ist dies sehr sinnvoll“, sagt Frank Brettschneider. Die formal unverständlichste Rede hielt dagegen bisher der Allianz SE-Vorstandsvorsitzende Michael Diekmann. Er erreichte lediglich einen Wert von 7,7. Ähnlich schlecht schnitt auch Beiersdorf-Chef Stefan F. Heidenreich ab. Immerhin sechs Reden überschreiten den Zielwert von mindestens 12 auf dem Hohenheimer Verständlichkeits-Index. „Diese Reden sind damit in etwa so verständlich wie die Wirtschaftsberichterstattung von überregionalen Qualitätszeitungen“, stellt Brettschneider fest.

 

Endgültiges CEO-Verständlichkeits-Ranking wird Ende Mai vorgelegt

Der Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Brettschneider und sein Team bestimmen den Index mit Hilfe einer speziellen Verständlichkeits-Software. Anhand der Rede-Manuskripte ermittelt die Software formale Kriterien wie beispielsweise durchschnittliche Satzlänge, Anteil der Sätze mit mehr als 20 Wörtern, Anteil der Schachtelsätze und den Anteil der Passiv-Sätze.

Seit Januar hat Prof. Dr. Brettschneider bereits 14 Reden unter die Lupe genommen. Am 27. Mai 2014 schließt die Deutsche Post AG die Reihe der DAX-30-Unternehmen ab. Dann wird der Kommunikationswissenschaftler alle Reden auf den diesjährigen Jahreshauptversammlungen analysiert haben und das diesjährige Ranking vorlegen. Die Studie wird zum dritten Mal in Folge in Kooperation mit dem Handelsblatt durchgeführt.

 

Schachtelsatz mit 44 Wörtern nicht mehr verständlich

Als Beispiel für einen Monster-Satz mit insgesamt 44 Wörtern nannten die Wissenschaftler einen Satz von Allianz-Chef Diekmann: „Auch wenn sich diese Investitionen laut Internationaler Energie Agentur bereits innerhalb von zehn Jahren durch eingesparte Brennstoffkosten amortisieren lassen, stellt sich die Frage, wer das Geld für die dringend notwendigen Investitionen für die Energiewende, aber auch für Brücken und Straßen bereitstellen kann bzw. soll.“

Ebenso kritisierten Prof. Dr. Brettschneider und sein Team Begriffe wie „Underwriter“ oder „Shared-Service-Organisation“. Diese seien zwar für ein Fachpublikum verständlich, nicht aber für die breite Öffentlichkeit. Auch zusammengesetzte Wörter wie „Ergebnisabführungsverträge“ oder „Bruttoergebnisverbesserungen“ erschweren das Verständnis. Brettschneider sagt: „Eine lebendige Rede benötigt aktive Formulierungen. Oft finden wir aber Passivformulierungen“. Ganz typisch sei folgendes Beispiel (Beiersdorf): „Dabei konnte in Westeuropa erstmals seit 2008 wieder ein Umsatzplus erzielt werden.“ Besser wäre nach Meinung von Brettschneider: „Erstmals seit 2008 haben wir in Westeuropa ein Umsatzplus erzielt."

 

Entwicklungen

Mehr Vorstandsvorsitzende als im Vorjahr haben Reden gehalten, die sich nicht nur an institutionelle Anleger, Analysten sowie Finanz- und Wirtschaftsexperten gerichtet haben. Andererseits verschenken nach wie vor einige Vorstandsvorsitzende die Chance, mit ihren Reden eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen. „Bei einigen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, als wäre die Rede auf der Hauptversammlung ein lästiger oder unangenehmer Pflichttermin“, sagt Brettschneider. Auch könne man nicht ausschließen, dass Vorstandsvorsitzende manchmal mit unverständlichen Formulierungen unangenehme Botschaften verschleiern wollen. „Wir kennen diese taktische Unverständlichkeit aus der Kommunikation von Politikern“, so Brettschneider.

Prof. Dr. Frank Brettschneider, Universität Hohenheim, Institut für Kommunikationswissenschaft, Tel.: 0711/459-24030, E-Mail: frank.brettschneider@uni-hohenheim.de


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